Rückblick aus der Bergson Akademie: "Was darf Journalismus?"
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Benedikt MüllerDirector of Academy
Simon Bergmann, Partner einer der renommiertesten Medienrechtskanzleien in Deutschland, war diese Woche mit Sönke Iwersen, Leiter der Investigativ-Recherche des Handelsblatts in der Akademie im Bergson Kunstkraftwerk zu Gast.
Pressefreiheit – ein Schlagwort, das jede:r von uns kennt. Doch wann schneidet diese in Persönlichkeitsrechte ein und wie befriedigt man dann das öffentliche Informationsbedürfnis? Was darf also Journalismus? Diesem Spannungsfeld haben wir uns mit der Bergson Akademie und unseren Experten gewidmet und möchten Dir heute einen Einblick in die Veranstaltung geben.
Sollte einer der Faktoren nicht zutreffen, ist eine derartige Berichterstattung nicht zulässig und die Kanzlei Schertz Bergmann wird tätig. Bei einer derartigen Verdachtsberichterstattung, wie es u.a. bei Till Lindemann der Fall war, muss immer eine Abwägung zwischen Persönlichkeitsrecht und Presserecht stattfinden. Das interessante, so holte Simon Bergmann aus, ist, dass in Deutschland wenig geregelt ist und viel über Gerichtsurteile stattfindet. Aus seinem Praxisalltag berichtete er, dass er grundsätzlich seinen Mandant:innen Glauben schenkt, wenn diese mit einem Sachverhalt zu ihm kommen. In diesem Glauben ist er bisher noch nicht enttäuscht worden. Als Resümee stellte Bergmann fest, dass ein Krieg zischen Redaktionen und der Kanzlei begonnen habe, der in keine gute Richtung führt. Man müsse das Aktivistische streichen und zurückkehren zur objektiven Recherche.
Sönke Iwersen, Leiter der Investigativ-Recherche im Handelsblatt, war ebenfalls an unserem Diskussionsabend zu Gast. Er berichtete über die damaligen Recherche zum Fall der ERGO und deren Incentivereisen nach Budapest und der Recherche über Elon Musk, die bald in einem Buch erscheint. Iwersen vertritt die Auffassung, dass im Journalismus immer gründlich und sorgfältig recherchiert werden muss, räumt aber auch ein, dass der Druck für die Veröffentlichung einer Story durch das digitale Zeitalter enorm geworden ist. „Wenn wir eine schöne Story machen wollen, dann können wir auch Romane schreiben“.
Die Konkurrenz sieht Iwersen eher in Personen wie Elon Musk, die mit einem Tweet 200 Millionen Menschen erreichen können. Durch die Verlagerung in das Internet – ca. 75-80% der Leser:innen des Handelsblatts konsumieren die Zeitung online – hat die Geschwindigkeit extrem zugenommen und man hat oft nur ein paar Stunden Zeit für einen Artikel. Für seine Recherchen nimmt sich das Team des Handelsblatts hingegen auch mal ein halbes Jahr Zeit.
Der Akademie-Abend gab einen tiefgreifenden und interessanten Einblick in die Abgrenzung von Pressefreiheit und Persönlichkeitsrecht. Wir freuen uns schon auf den zweiten Abend der Reihe „Verantwortung der Medien“ am 26.11. mit Dr. Dirk Ippen und Philipp Welte.