Rückblick aus der Bergson Akademie: Assistierter Suizid — zwischen ethischen Fragestellungen und Dignitas

Der Akademieabend am 5. Dezember 2024 war geprägt von einer intensiven und differenzierten Auseinandersetzung mit dem sensiblen Thema des assistierten Suizids. Experten aus verschiedenen Fachrichtungen kamen zusammen, um die rechtlichen, ethischen und praktischen Aspekte des selbstbestimmten Sterbens zu beleuchten. Besonders die abschließende Frage- und Diskussionsrunde verdeutlichte, wie sehr das Thema des würdevollen und selbstbestimmten Sterbens unsere Gesellschaft beschäftigt und gleichzeitig nach wie vor ein Tabu darstellt.

Rechtliche und ethische Rahmenbedingungen

Prof. Dr. Georg Marckmann eröffnete den Abend mit einer fundierten Analyse der aktuellen rechtlichen Situation in Deutschland. Er erläuterte, dass das Bundesverfassungsgericht 2020 ein wegweisendes Urteil zum assistierten Suizid gefällt hat, welches die rechtlichen Rahmenbedingungen klarer definiert. Marckmann plädierte für einen Leitfaden, der den praktischen Umgang mit dem Thema regelt, anstatt für ein striktes Gesetz, und stellte die Notwendigkeit einer umfassenden ethischen Diskussion heraus.

Erfahrungen aus der Praxis

Im Anschluss berichtete Dr. Wolfgang Oblinger von seinen Erfahrungen als Sterbehilfe-Begleiter. In seiner langjährigen Praxis hat er über 170 Menschen auf ihrem letzten Weg begleitet und stellte fest, dass die Beweggründe der Betroffenen oft weniger auf körperlichen Schmerzen basieren, sondern vielmehr auf dem Wunsch nach Autonomie und Würde. Oblinger betonte die Bedeutung einer einfühlsamen Beratung und Begleitung für die Betroffenen und deren Angehörige, um die emotionalen und ethischen Herausforderungen dieses Prozesses zu meistern.

Alternative Wege des selbstbestimmten Sterbens

Dr. Philipp Starke präsentierte eine alternative Methode des selbstbestimmten Sterbens: den freiwilligen Verzicht auf Essen und Trinken (FVET). Er erläuterte die drei Phasen dieses Prozesses und die Rolle der Angehörigen, die oft eine entscheidende Unterstützung bieten. Sein Vergleich zwischen den Regelungen in Deutschland und der Schweiz war besonders aufschlussreich und verdeutlichte die unterschiedlichen kulturellen und rechtlichen Rahmenbedingungen in den beiden Ländern.

Diskussion und Ausblick

In der anschließenden Diskussion wurden zentrale Fragen erörtert: Wie kann die Balance zwischen individueller Selbstbestimmung und gesellschaftlichem Schutz aussehen? Welche Verantwortung trägt die medizinische Gemeinschaft in der Sterbebegleitung? Und welche gesellschaftlichen Debatten sind notwendig, um das Thema des assistierten Suizids zu enttabuisieren?

 

Der Abend bot wertvolle Einsichten in ein Thema, das viele Menschen betrifft, jedoch oft im Verborgenen bleibt. Die Experten machten deutlich, dass die Entscheidungen am Lebensende komplex und individuell sind und dass der Umgang mit dem Tod eine gesamtgesellschaftliche Verantwortung darstellt. Die rege Teilnahme und die engagierten Diskussionen zeigten, dass das Interesse an diesem Thema wächst und die Notwendigkeit besteht, es weiter zu beleuchten.