Lerne das Bergson Biotop kennen

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  • Sarah Winter
    Sarah Winter
    Communications Managerin
Interview mit Matthias Schwahn, Landschaftsarchitekt

SW: Lieber Herr Schwahn, erstmal ganz grundsätzlich: Was ist denn überhaupt ein Biotop und welchen Zweck erfüllt es?

 

MS: Ein Biotop ist grundsätzlich erst einmal ganz wertfrei nur ein Lebensraum. Beispielsweise sind für die Beifuß-Ambrosie, eine invasive aus Nordamerika stammende Pflanzenart, deren Pollen zu den stärksten Allergieauslösern gehört, Straßenränder ein bevorzugter Lebensraum, während der Hochmoor-Bläuling, wie der Name schon sagt, nahezu ausschließlich Hochmoore als seinen Lebensraum besiedelt. Im allgemeinen Sprachgebrauch ist aber in der Regel ein für den Natur- und Artenschutz wertvoller Lebensraum gemeint, in dem naturschutzfachlich bedeutsame Lebensgemeinschaften mit oftmals rückläufigen und selten gewordenen Pflanzengesellschaften sowie den darin lebenden Organismen, in Form von Tieren, höheren Pflanzen, Moosen, Flechten, Pilzen, etc. erhalten geblieben sind und der diesen meist rückläufigen Lebensgemeinschaften als Rückzugsraum dient. In ihrer Summe vereinigt sich in diesen naturschutzfachlich wertvollen Biotopen das „Naturerbe“ eines Landschaftsraumes – Biotope der Kulturlandschaft sind dabei zugleich Bestandteil des Kulturerbes eines Landschaftsraumes (z.B. Buckelwiesen bei Mittenwald).

Im Fall eines Bauvorhabens gleicht so ein „Biotop“ meist zudem Eingriffe aus, wie sie im Rahmen der Realisierung eines Vorhabens unvermeidbar sind. Das kann aus artenschutzrechtlicher Sicht und/oder naturschutzrechtlicher Sicht erforderlich sein. Im Fall des Bergson Kunstkraftwerks waren primär artenschutzrechtliche Belange zu bewältigen, die die Schaffung eines Ausgleichsbiotops erforderlich machten. 

 

 

SW: Wann wurde das Bergson Biotop angelegt?

MS: Das Biotop wurde noch vor Baubeginn, im Jahr 2019 angelegt.

 

 

SW: Was sind die Besonderheiten am Bergson Biotop?

MS: Auf vergleichsweise kleiner Fläche findet sich ein höchst vielfältiges Lebensraumangebot, das in der engeren Umgebung als „Hotspot der Biodiversität“ fungiert und dabei eine beachtliche Vielfalt wertgebender, selten gewordener Arten beherbergt, obwohl der Lebensraum ja neu angelegt wurde. Bei der Ansaat kamen ausschließlich Pflanzensamen lokaler Herkunft zum Einsatz (z.B. aus der Langwieder Haide). Es finden sich eng miteinander verzahnt schattige Gehölzbestände, trocken-warme vollsonnige Lebensräume sowie ein Kleingewässer.

 

 

SW: Wie viele verschiedenen Insekten- & Pflanzenarten befinden sich schätzungsweise in dem Biotop?

MS: Das lässt sich nicht abschätzen, da wir nur die „Spitze des Eisbergs“ sehen. Wenn wir bei den Wildbienen und Tagfaltern näher hinsehen, wissen wir noch lange nichts über Käfer, Heuschrecken, Zikaden, Wanzen, Fliegen usw. Auf jeden Fall wurden in den fünf Jahren schon eine ganze Reihe gefährdeter Pflanzenarten erfolgreich etabliert.

 

 

SW: Was bedeutet Ihnen dieses Biotop?

MS: Da ich selbst im Stadtbezirk Aubing aufgewachsen bin und hier lebe, ist das Biotop nicht nur Teil des „Aubinger Naturerbes“ sondern auch meiner Heimat. Unser Büro war ja von Anbeginn, also zumindest seit 2016, beim Projekt an Bord und da ist es natürlich ein Herzensanliegen, dass sich alle Freiräume und Aussenanlagen der Idee des Bergson Kunstkraftwerks würdig erweisen.    

 

SW: Was war Ihr persönlicher Lieblingsmoment im Bergson Kunstkraftwerk?

MS: Es gab sicher viele Momente. Rückblickend war natürlich die Rückkehr der angestammten Fledermäuse oder das Auftreten neuer Fledermausarten im Winterquartierkeller ein prägendes Erlebnis. In neuerer Zeit und nach so einer langen Wegstrecke selbstredend als ich nach Eröffnung an der Seite meiner Frau erstmals das Kulturprogramm inmitten der großartigen „Industriekathedrale“ des Bergson erleben konnte, sei es „Bergson's Rise“ mit der Jazzrausch Bigband (samt zeitgedehnter Fledermausrufe in der Musikdarbietung!), „Peter und der Wolf“ mit dem Bayerischen Staatsorchester oder der Auftakt der Vortragsreihe „Der Nahe Osten – zwischen Politik, Religion und Gesellschaft“ mit Prof. Dr. Michael Wolffsohn.

 

Vielen Dank für das Interview, lieber Herr Schwahn!